Die deutsche Autoindustrie steckt wegen des massiven Absatzeinbruchs in der schwersten Krise seit Anfang der 90er Jahre und muss tausende Stellen streichen. Nach zwei mageren Jahren rechnet der Verband der Automobilindustrie (VDA) 2009 mit einer Verschärfung der Krise und dem geringsten Autoabsatz in Deutschland seit der Wiedervereinigung. "Die Automobilmärkte haben eine Talfahrt genommen, die in dieser Geschwindigkeit und Ausprägung noch nie vorher stattgefunden hat", sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann am Mittwoch in Frankfurt. Sowohl im Inland wie im Ausland brechen wegen der weltweiten Wirtschaftskrise die Märkte weg.
Seit September kappten die Hersteller bereits 1.850 Arbeitsplätze und schickten knapp 10.000 Zeitarbeiter nach Hause. "Die Krise wird weitere Auswirkungen auf die Beschäftigung haben", warnte Wissmann, ohne Zahlen zu nennen. Jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland hängt von der Autoindustrie mit 761.600 Mitarbeitern ab. Verlängerte Weihnachtsferien, Produktionspausen und der Abbau von Arbeitszeitkonten seien nur ein erster Schritt. Die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe mache Herstellern und Zulieferern zu schaffen. Auch das Geschäft mit Lastwagen und Transportern sei auf Talfahrt.
Im nächsten Jahr rechnet der Verband für Deutschland nur noch mit bestenfalls 2,9 Millionen Neuzulassungen - das wären so wenige wie noch nie seit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990. Experten sind noch pessimistischer: Das Forschungsinstitut "CAR" erwartet statt eines Minus von sieben Prozent einen Rückgang von 8,1 Prozent auf nur noch 2,85 Millionen verkaufte Autos in Deutschland. 2008 sollen etwa 3,1 Millionen Autos neu zugelassen werden.
Export schrumpft zweistellig
Wegen der nachlassenden Nachfrage wird laut VDA der Export - das bisherige Zugpferd der Industrie - erstmals seit fünf Jahren 2008 zweistellig schrumpfen. "Die Konjunktur kippte in den letzten Monaten regelrecht ab", sagte Wissmann. Für das Gesamtjahr erwartet der Verband noch Ausfuhren von maximal 4,2 Millionen Wagen nach 4,3 Millionen im Vorjahr. In einstige Wachstumsmärkte wie China und Russland hätten die deutschen Hersteller im Oktober zehn beziehungsweise 20 Prozent weniger Autos verkauft.
Verhalten der Banken verschärft laut Wissmann die Lage
Wissmann klagte über die Banken, die wegen der Finanzmarktkrise nur noch äußerst restriktiv Kredite an Autofirmen vergeben. "Kredite werden zum Teil serienweise gekündigt, wer liefert, muss Vorkasse verlangen", sagte der Präsident. Dies verschärfe die Lage und werde Jobs kosten. Dabei seien die Firmen dringend auf Darlehen angewiesen, um schadstoffarme Antriebe zu entwickeln. "Gerade in Zeiten der Krise darf eines nicht gekürzt werden: Die Blutzufuhr im Kopf", verlangte Wissmann mit Verweis auf die Ausgaben für Forschung und Entwicklung.
Von der Politik forderte der Verband eine rasche Entscheidung über die Neuregelung der Kfz-Steuer, die nach Schadstoffausstoß und nicht mehr Hubraum gestaffelt werden soll, sowie eine "Abwrackprämie" für Altautos. Die Bundesregierung will zur Ankurbelung des Absatzes umweltfreundliche Neuwagen für bis zu zwei Jahren von der Kfz-Steuer befreien.
Das Nutzfahrzeuggeschäft ist ebenfalls auf Talfahrt: Im November brachen die Neuzulassungen von Lastwagen und Transportern um 23 Prozent ein. Im nächsten Jahr müssen die Kapazitäten laut Verband "kräftig" angepasst werden. Der Umsatz werde 2008 wie im Vorjahr bei rund 290 Milliarden Euro liegen. Die Produktion werde von 5,7 auf 5,5 Millionen Fahrzeuge sinken. (dpa)
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