Auf dem Weg zur Mehrheitsübernahme von Volkswagen hat Porsche seinen Anteil am Wolfsburger Autobauer auf 42,6 Prozent aufgestockt. Dieser Anteil sei am Ende der vergangenen Woche erreicht worden, teilte der Sportwagenbauer am Sonntag in Stuttgart mit. Darüber hinaus halte das Unternehmen zusätzlich 31,5 Prozent in Form von Optionen zur Kurssicherung. Dies ergebe in der Summe einen Anteil von 74,1 Prozent. Sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmten, solle der Anteil an VW im kommenden Jahr auf 75 Prozent aufgestockt werden, hieß es in der Mitteilung. Damit solle der Weg für einen Beherrschungsvertrag frei gemacht werden.
Die Porsche-Ankündigung befeuerte den Dauerkonflikt zwischen VW-Belegschaft und dem Großaktionär, der bisher 35 Prozent an VW gehalten hatte. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh lehnt einen "Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag" strikt ab. "Für die mehr als 360.000 Beschäftigten von Volkswagen wäre es eine Katastrophe, wenn Manager, die Arbeitnehmerrechte mit Füßen treten, in diesem Unternehmen das Sagen bekämen", erklärte Osterloh am Sonntag. "Und wir sehen nicht, dass Porsche bereit ist, sich seiner sozialen Verantwortung für die Beschäftigten bei Volkswagen zu stellen."
Knackpunkt im Streit ist das umstrittene VW-Gesetz. Nach einem "Spiegel"-Bericht startet die EU-Kommission vermutlich in der nächsten Woche einen weiteren Anlauf, das Gesetz zu kippen. Berlin habe dann eine letzte Chance, die Brüsseler mit neuen Argumenten umzustimmen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sieht jedoch keine Chance mehr auf eine außergerichtliche Einigung. Er sagte: "Ich erwarte, dass der Europäische Gerichtshof erneut entscheiden muss."
Die EU-Wettbewerbshüter stoßen sich an der Regelung, wonach Niedersachsen auch im neuen VW-Gesetz mit gut 20 Prozent VW-Stimmrechtsanteil sein Vetorecht in der Hauptversammlung behält. Im Aktienrecht üblich sind 25 Prozent. VW-Großaktionär Porsche dringt darauf, das Schutzgesetz abzuschaffen und die Sperrminorität auf 25 Prozent zu erhöhen.
Wolfgang Porsche attackiert Merkel
Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche sagte laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) vor Mitarbeitern in Stuttgart-Zuffenhausen: "Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass für Volkswagen weitreichendere Regeln gelten sollen als für andere Unternehmen. Es gibt ja auch kein BMW-Gesetz, kein Daimler-Gesetz und im übrigen auch kein Porsche-Gesetz." Der Chef des Porsche-Clans attackierte in der Rede laut "FAS" auch erstmals öffentlich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihr Auftritt auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg habe "nicht zur Versachlichung der Diskussion" beigetragen, sagte Porsche. Die Kanzlerin hatte sich dort vor einem Monat erneut für das VW-Gesetz und die umstrittene 20-Prozent-Sperrminorität stark gemacht (wir berichteten).
Sollte der EuGH auch das novellierte Gesetz kippen, wären für die Bundesregierung hohe Strafzahlungen die Folge. In Brüssel geht man laut "Spiegel" mittlerweile davon aus, dass die Kanzlerin keinen Widerstand mehr leistet. So habe Angela Merkel beim Gipfeltreffen Mitte Oktober in Paris zwar EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso auf das Verfahren angesprochen. Sie habe ihn aber lediglich darum gebeten, die für den 16. Oktober terminierte Kommissionsentscheidung zu verschieben. Das Thema kollidiere sonst mit dem EU-Gipfel und der Suche nach einem gemeinsamen Weg aus der globalen Finanzkrise. (dpa)
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